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  • Hintergrundbild 1: Das IGfB-Team © angelicajaud.com
  • Hintergrundbild 2: Beratungsgespräch © angelicajaud.com
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Porträt Ben Schuster

Ben Schuster

Zertifizierter emotionsfokussierter Paartherapeut, diplomierter psychologischer Berater, Family Counselor

Jahrgang 1980, geb. in Australien, seit über 17 Jahren in Österreich

Ich war schon immer zutiefst fasziniert davon, was Menschen dazu bringt, in Beziehungen so zu handeln und zu denken, wie sie es tun. Schon in der Highschool habe ich meine Freunde in den Wahnsinn getrieben, indem ich ständig nachfragte und zu verstehen versuchte, warum sie sich so verhielten, wie sie es taten. Die Frage, die mich immer faszinierte, war, warum Menschen oft nicht sehen konnten, dass sie die Situation durch ihr Verhalten nur noch schlimmer machten. Es sollte noch 20 Jahre und bis zu meiner Entdeckung von EFT dauern, bis ich wirklich verstand, warum dies passierte, und was in solchen Situationen genau vor sich ging.

Zurzeit arbeite ich mit Paaren und auch mit kleinen Managementteams, um Konflikte zu lösen. Meine Arbeit mit Paaren ist vielfältig, doch oft haben die Paare, die den Weg in meine Praxis finden, mit den Nachwirkungen eines Traumas zu kämpfen. Ich setze mich auch leidenschaftlich dafür ein, die Menschen über die Bedeutung von Emotionen aufzuklären und nicht nur unser Verständnis, sondern auch unsere praktische Fähigkeit, Gefühle zu fühlen und zu regulieren, zu verbessern. Dies ist eine wichtige, aber unterschätzte Fähigkeit, um in Beziehungen erfolgreich zu sein, sei es zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Das hat mich dazu veranlasst, EFT in Österreich bekannt zu machen und die Website https://eftpaartherapie.at aufzubauen und die ersten EFT-Ausbildungen in Österreich anzubieten.

Blogbeiträge von Ben Schuster:

Mann gibt Kind Salatschüssel beim Weihnachtsessen - Bild: pexels.com

Was!?! Schon wieder ein Lockdown! Nicht a mal zu Silvester dürfen wir Freunde treffen! Ich halts nicht aus! Mir ist es jetzt schon zu viel. Ständig nur daheim im Familienkreis, mein Frust-Niveau ist schon am Limit! Ganz davon zu schweigen, dass ich einen Teenager daheim habe, der auch kurz vor dem Durchdrehen ist. Noch 3 Wochen! Wie soll das gehen? Wie sollen wir die Weihnachtstage und den nächsten Lockdown überstehen, ohne dass wir uns gegenseitig umbringen?

Mir wird klar, dass die Qualität der nächsten Wochen sehr von meiner Fähigkeit abhängt, mit dem schwierigen Gefühl WUT umzugehen.

Seit Corona ist dieses ungeliebte Gefühl in den Mittelpunkt gerückt:

  • Wir sind wütend auf Corona und die Regierung: auf den nächsten Lockdown, der verhindert, dass wir Freunde sehen, ausgehen und das Leben genießen.
  • Wir sind wütend auf Familie und Freunde, die die Regeln ignorieren, oder Verschwörungstheorien teilen.
  • Wir sind wütend auf unsere Kinder, weil sie nicht kooperieren, oder selber gefrustet sind.
  • Wir sind wütend auf unsere Partner, weil sie uns nicht ausreichend unterstützen.
  • Unsere Kinder sind wütend und frustriert, weil sie ihre Freunde und ihre Hobbys vermissen.

Jeder ist wütend und frustriert. Das ist normal. Denn noch nie gab es eine Zeit, in der unser Leben so sehr von Einschränkungen geprägt war, die wir nicht kontrollieren können.

Und nun steht Weihnachten vor der Tür. Eine magische Zeit, in der Frieden und Harmonie herrschen, die Kinder sich gut verstehen und die Festtage unsere Herzen vor Freude aufgehen lassen. Zumindest suggeriert das das Ideal. Die Realität vieler Menschen, und auch von mir, ist aber, dass Weihnachten hohe Erwartungen weckt. Auch ohne Corona hat Weihnachten trotz aller Sehnsucht nach Harmonie ein hohes Potenzial für emotionale Kernschmelzen. Dieses Jahr ist das Konfliktpotenzial, vermute ich, höher denn je.

Wut. Eine missverstandene Emotion

Wut hat einen schlechten Ruf. Sie ist der ‘bad boy’, wenn es um Gefühle geht. Hochgradig flüchtig und immer konfliktbereit. Aggressiv und unkontrolliert. Sie provoziert andere und lässt Situationen in Sekundenschnelle von ‘schlecht’ zu ‘hochbrisant’ eskalieren. Wut ist gefährlich. Wut ist unberechenbar und beängstigend. Wut ist nicht erwünscht.

Aber durch meine Beschäftigung mit der Wut bin ich drauf gekommen, dass sie nicht das Problem ist. Wut wird zu Unrecht beschuldigt. Wut ist einfach eine Emotion. Ihre Aufgabe ist es, dir ein starkes Signal zu senden, dass etwas Verletzendes, Bedrohliches oder Unerwünschtes in deinem Leben passiert.

Das Problem ist, dass wir keine gute Beziehung zur Wut haben. Wir haben nicht gelernt, mit dem Anzeiger Wut umzugehen. Wir halten diesen Anzeiger, das unangenehme Gefühl, nicht lange aus, möchten es los werden und schalten blitzschnell in die Handlung um. Dies kann hilfreich sein, wenn eine echte Gefahr vorhanden ist. Aber wenn mein Teenagersohn seine schlechte Laune an mir auslässt und ich ihn anschreie, ist das nicht hilfreich für die Stimmung im Haus.

Durch meine Ausbildung zum Family Counselor weiß ich, dass es normal ist, dass Teenager solche miesen Phasen haben und dass ich sie nicht persönlich nehmen sollte. Aber genau das scheint mir fast unmöglich zu sein. Da steigt bei mir eine heftige Wut auf, die unaushaltbar ist und ich schaue mir selber zu, wie ich verletzend werde, ihn anschreie und abwerte. Und so habe ich mich auf die Suche gemacht: Wie kann ich besser mit meiner Wut umgehen?

Was wir "Wut" nennen, besteht eigentlich aus zwei Teilen

Das Signal: Das Gefühl der Wut, das aufsteigt, wenn etwas passiert, das du nicht willst, dich bedroht, verunsichert oder mehr. Die Regierung zwingt dich, zu Hause zu bleiben. Ein Auto schneidet dich. Deine Kinder streiten ständig. Dein Partner vergisst, das von dir bestellte Paket abzuholen. Du spürst einen Energieschub, der sagt. "Neeeiiiiin! Das ist nicht richtig. Das will ich nicht. Es sollte anders sein!!!". Du suchst dir dieses Gefühl nicht aus und willst auch nicht ausweichen. Das ist Wut: ein Teil deiner emotionalen Intelligenz, die dir sagt, dass etwas passiert, das du nicht möchtest. Dieses starke Gefühl ist Wut, die ihre Arbeit tut.

Die Aktion: Ich beschließe, die Sache zu korrigieren, zu ändern oder loszuwerden. Dein Handeln kann eine impulsive Reaktion auf das Gefühl sein oder eine überlegte Aktion, die auf dem aufbaut, was dir wichtig ist. Du kannst dem Autofahrer, der dich geschnitten hat, den Mittelfinger zeigen. Du kannst die Kinder aggressiv anschreien, damit sie aufhören zu streiten! Aber du kannst ebenso einen nachdenklichen Brief an die Regierung schreiben. Du kannst deine Überforderung zeigen und deinen Partner um mehr Unterstützung bitten.Theoretisch können wir entscheiden, WIE wir auf das Signal des Ärgers hin handeln.

Wut ist eine körperliches Ereignis
In der Praxis gelingt uns dieses öfters nicht. Das Problem ist, dass unser Kampf/Flucht-Modus aktiviert ist, wenn wir uns bedroht oder überfordert fühlen. Es ist eine körperliche Reaktion, unser Herzschlag erhöht sich, wir spannen uns an, unser Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor. Diese Energie ist es, die der Wut ihre Kraft gibt, aber auch ihre Explosivität und Unberechenbarkeit. Wir sind auf schnelles Handeln vorbereitet, und dies führt dazu das wir oft unüberlegt handeln und im schlimmsten Fall führt blinde Wut in die Katastrophe.

Aber zu meinen, wir müssten ALLES rational angehen, ist auch der verkehrte Weg. Die starke Handlungsenergie der Wut ermöglicht uns, wichtige Veränderungen im Leben umzusetzen. Sie hilft deinen Kindern STOPP zu sagen, wenn sie in der Schule schikaniert werden. Sie gibt uns die Kraft, Ungerechtigkeiten entgegenzutreten und für unser eigenes Wohl und das der Anderen zu kämpfen. Wut gibt uns die Energie, die für ein erfolgreiches Leben notwendig ist.

Aber wir müssen lernen, mit der Intensität ihrer Signale umzugehen und die Energie konstruktiv nutzen. Nimm zum Beispiel einen Profi-Tennisspieler, der wütend ist, wenn er einen Punkt verliert. Wenn er gut mit seiner Wut und Aggression umgehen kann, dann wird er eben nicht den Schiedsrichter anbrüllen, sondern diese Energie mitnehmen und ins nächste Game kanalisieren. Das ist leichter gesagt als getan. Wenn wir bedroht sind, ist unser Stresssystem hoch aktiv. Bevor wir Entscheidungen treffen können, müssen wir uns ein Stück weit selbst beruhigen und ‘runterkommen’. Beruhigen ist eine körperliche Angelegenheit. Da hilft es schon, wenn wir 5 bis 10 Mal tief durch atmen und erst dann handeln.

Wut ist nicht Schuld an unserem kopflosen Verhalten.

Das Gefühl Wut verdient mehr Anerkennung für ihre wichtige Rolle. Sie gibt dir und mir ein starkes und klares Zeichen, was wir im Leben wollen und was nicht, und fordert uns heraus, dieses Signal ernst zu nehmen. Wenn wir eine gute Beziehung zu unserer Wut haben, ist sie eine Quelle der Kraft, die es uns ermöglicht für das, was uns wichtig ist, einzustehen.

Wenn dieses Weihnachten das Familienklima angespannt sind und du spürst, wie Wut in dir aufsteigt, atme ein paar Mal tief durch, heiße die Wut willkommen! Sie will dir etwas sagen. Atme noch ein paar Mal und reagiere dann auf eine Art und Weise, die dazu beiträgt, das du die Kraft der Wut dafür einsetzt, was dir wirklich wichtig ist. Vielleicht kommt dein Kind nicht rechtzeitig zum Essen, um dich zu ärgern, sondern weil es Mühe hat, das letzte Geschenk für seine Schwester einzupacken. Vielleicht kannst du deine Wut hier anders als sonst einzusetzen, um das zu bekommen, was du wirklich willst - nämlich schöne und wertvolle Zeit miteinander. Also setze deine Energie ein, um dies auch zu ermöglichen.
Deine Wut und deinen Ärger kennenzulernen und zuzulassen, ohne ihn deinem Gegenüber an den Kopf zu werfen, kann ein entscheidender Schritt sein, um eure Festtage miteinander zu genießen.

Ich wünsche dir und deinen Lieben ein frohes Weihnachtsfest!

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**Der zweite Teil dieses Textes erscheint Anfang Jänner und darin findest du effektive Strategien zur Bewältigung von Wut.

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Folgenden Bücher wurden beim Verfassen dieses Artikels referenziert

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