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  • Hintergrundbild 1: Das IGfB-Team © angelicajaud.com
  • Hintergrundbild 2: Beratungsgespräch © angelicajaud.com
  • Hintergrundbild 3: Beratungsgespräch © angelicajaud.com
  • Hintergrundbild 4: Workshop © angelicajaud.com
  • Hintergrundbild 5: Beratungsgespräch © angelicajaud.com
Zwei Statuen vor blauem Himmel schauen sich an.

Ich erlebe, wie in letzter Zeit immer häufiger in mir die Frage auftaucht: Was für einen Sinn haben die Entscheidungen, die unsere politischen Führungskräfte treffen? Mein Vertrauen in die politische und die Verwaltungsspitze schwindet zusehends.

Regelmäßig wiederkehrend höre ich Versprechungen, dass in einigen Wochen allgemeine Lockerungen beschlossen werden, Geschäfte und Gastronomie, Schulen, Sport- und Kulturstätten wieder aufgehen, wenn alle sich an die Regeln halten: Zu Hause bleiben, sich testen lassen, sich impfen lassen und so fort. Doch am Ende der vorhergesehenen Periode werden die Maßnahmen verschärft, verlängert, ergänzt. Nur gelegentlich erfüllen sich die Versprechungen. Spricht man Menschen mit gesellschaftlicher Führungsverantwortung darauf an, dass das Versprochene selten eingehalten wird, ist die Antwort meist ausweichend, rechtfertigend, bestenfalls ratlos.

In der aktuellen Situation tun sich die Verantwortlichen zwangsläufig schwer, die richtigen Maßnahmen zu treffen. Das ist nicht verwunderlich, denn für politisch-gesellschaftliche Entscheidungen gibt es kaum Orientierungspunkte. Uns fehlen schlichtweg die Erfahrungswerte. Lösungsvorschläge können lediglich ein Versuch sein, „es so gut wie möglich zu treffen“. Der Vertrauensverlust ist allerdings etwas, das unsere Gesellschaft und das politische System für die Zukunft gravierend beeinflussen wird.

Woher kommt es aber, dass unsere Spitzenverantwortlichen so mit uns umgehen, wir uns von ihnen so behandeln lassen, und am Ende die Basis für gesellschaftliches Zusammenwirken, das Vertrauen, „aufgebraucht“ ist?
Ich denke, das hängt damit zusammen, dass die kulturelle Grundlage asymmetrischer, also hierarchischer Beziehungen immer noch eine Gehorsamskultur und nicht eine Kultur der Verantwortung ist.

Dies bringt mich unmittelbar auf eine sehr persönliche Frage: Wie entsteht denn Vertrauen bei mir, und wie kann ich dafür in meinen persönlichen Beziehungen sorgen? Wie ist das besonders in asymmetrischen Beziehungen, also in Beziehungen zwischen Eltern, Vorgesetzten, Leadern, Mächtigen und Kindern, Mitarbeitenden, Untergebenen, Geführten? 

Vertrauen in asymmetrischen Beziehungen also in Beziehungen, in denen eine Person mehr Macht hat als die andere, bildet sich meines Erachtens nach dem Vorbild erlebter Eltern-Kind-Beziehungen. In hierarchischen Beziehungen entsteht Vertrauen, indem die höherrangige Person sich vertrauenswürdig erweist, das heißt indem sie sich konsistent in Bezug auf die eigenen Werten verhält. Dadurch wirkt sie greifbar, zuverlässig, präsent. Das bedeutet, dass die erwachsene bzw. die mit Entscheidungsmacht ausgestattete Person Verantwortung dafür übernimmt, wie die Atmosphäre in der Beziehung gestaltet wird. 

Ich gebe hier ein Beispiel: Wenn ich meinem Kind beim Außer-Haus-Gehen in der Früh verspreche, dass ich ihm am Abend eine Geschichte vorlese, kann es passieren, dass ich bei meiner Rückkehr mein Versprechen vergessen habe. Ein arbeitsreicher Tag und Stress bei der Heimfahrt liegen zwischen meinem Versprechen am Morgen und dessen Einlösen am Abend. Dennoch ist es wahrscheinlich so, dass mein Kind sich noch sehr gut an mein Versprechen erinnert, mich voller Erwartung empfängt und enttäuscht ist, wenn ich nicht mehr weiß, was ich am Morgen versprochen habe. Dann tue ich gut daran, Verantwortung für mein Vergessen zu übernehmen und Verständnis für die Frustration meines Kindes zu zeigen. 

Wie geht das mit dem Verantwortung Übernehmen? Wir sind keine Superheldinnen und Superhelden – und auch gegenüber unseren Kindern sind wir nicht grenzenlos belastbar. Verantwortung übernehmen bedeutet schlicht, dem Kind (sinngemäß) zu sagen: „Es tut mir leid, ich habe es vergessen. Ich sehe, dass du enttäuscht bist, und damit hast du Recht.“ Es bedeutet aber auch, Verantwortung für die eigenen Grenzen zu übernehmen. Zum Beispiel indem ich sage: „Ich weiß, dass du dir jetzt wünschst, dass ich mir Zeit für dich nehme. Im Moment brauche ich etwas Zeit für mich selbst. Ich hoffe, du kannst das aushalten – in einer halben Stunde bin ich für dich bereit.“ Das macht freilich nur Sinn, wenn es nicht täglich passiert, wenn mein Verständnis für die Gefühle des Kindes und meine Bitte um etwas Geduld ernst gemeint sind und nicht schlechte Ausreden. Authentisch und ehrlich kann ich nur sein, wenn ich mich selbst mit meinen eigenen Grenzen ernst nehme. 

Unsere Gesellschaft ist immer noch geprägt von einer Gehorsamskultur, in der Erwachsene und Führungskräfte Recht haben und von sich selbst erwarten unfehlbar zu sein. Für mich wäre es höchste Zeit, dass wir einen großen Schritt in Richtung Verantwortungskultur machen, in der Erwachsene und Entscheidungsträger zeigen, wie sie Verantwortung für das übernehmen, was sie beschließen, für die Grenzen ihrer Möglichkeiten und vor allem für die Qualität der Beziehung. 

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