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Ostern

Heuer fällt es mir schwer, mich wie andere Jahre auf die Symbolik von Auferstehung und Neuanfang einzulassen.

Ostern, Frühlingsbeginn, Neuanfang in der Natur und in der christlichen Mythologie waren für mich immer Momente der Besinnung und gaben mir die Chance, auf mein Leben zu blicken und auf die Neuanfänge in diesem. Auch als Agnostiker hat mich der Fokus auf den Neubeginn immer inspiriert.

Der Krieg in der Ukraine kommt in meinem Leben einen Supergau gleich.

Für meine Eltern, die zwei Weltkriege erlebt haben, war Russland der „Feind schlechthin“. Mit diesem Bild bin ich aufgewachsen. In meiner Jugend erlebte ich im Kalten Krieg, die Sowjetunion als den gefährlicheren Teil einer globalen Bedrohung: durch das „Gleichgewicht des Schreckens“ war die Angst vor der atomaren Vernichtung allgegenwärtig. Als 1989 das sogenannte „Eiserne Vorhang“ fiel, entstand bei mir das Gefühl, nun sei für immer Frieden. Seither war ständig irgendwo Krieg und doch habe ich mich mit den Gedanken beruhigt, es würde mich nicht betreffen, sei weit weg oder ein „nur“ Bürgerkrieg, eine intern Angelegenheit des betroffenen Staates.

Der Krieg dieser Tage weckt in mir die alten Gespenster und ich bin herausgefordert, mich mit meinen tiefen Ängsten auseinanderzusetzen und mein aufgewühltes Herz zu beruhigen. Die täglichen Bilder von zerstörten Häusern, von brennenden Gebäuden, von zerstörten Waffen, von toten Menschen wühlen mich auf und ich muss auf mich aufpassen, muss mich regulieren und meinen Medienkonsum drosseln, um nicht in Panik zu geraten.

Um meine Panik zu besänftigen, muss ich meine Gefühle zulassen, muss sie wahrnehmen und fühlen, denn meine spontane Reaktion wäre, mich abzulenken: Schuldige zu suchen, Feindbilder zu bedienen und die Spirale der Feindschaft mitzumachen.

Ich übe mich also darin zu merken, wann ich in Erregung gerate, wie Nachrichten auf mich wirken, und ganz bewusst hinzusehen, was mir hilft und was mir schadet. Trotzdem bleibt das Gefühl, ausgeliefert zu sein und Vertrauen verloren zu haben. Zum guten Schluss kommt dieser Krieg in einem Moment, in dem nach zwei Jahren Pandemie mein Vertrauen in meine Mitmenschen und die Verantwortungsträger stark strapaziert wurde. Aber vielleicht kommt es mir ja jetzt zugute, dass ich in diesen letzten Jahren üben durfte, mich auf mich selbst zu verlassen.

Neben der Frage, wie ich selbst mit dieser Situation zurechtkomme, stelle ich mir die weitere Frage, wie ich meinen Enkel so begegnen kann, dass sie eine Orientierung erhalten, die Ihnen auch in Zukunft hilft, in ihrem Leben und in ihrer Welt zurecht zu kommen.

Wie antworte ich Ihnen, wenn Sie mich fragen, wieso in Europa Krieg ist?

Wie antworte ich Ihnen, wenn Sie mich fragen, ob der Krieg auch zu uns kommt?

Wie antworte ich Ihnen, wenn Sie mich fragen, ob auch wir kämpfen sollen?

Ich merke meine Ratlosigkeit und diese ist das erste, was ich Ihnen sagen möchte. „Ich weiß es nicht mein lieber Enkel! Ich verstehe selbst nicht, weshalb dieser Krieg ausgebrochen ist. Ich hatte gedacht, dass es so etwas bei uns nie geben wird und jetzt ist der Krieg so nah. Ich habe keine Antwort auf deine Frage ich hoffe nur, dass die streitenden Länder bald ihre Waffen niederlegen und miteinander über Frieden sprechen können“.

„Lieber Enkel es ist so, wie oft auch bei uns: Wir sind wütend, verletzt, fühlen uns bedroht und denken, am einfachsten ist es doch zuzuschlagen, den anderen einfach niederzumachen, bevor er mir wehtun kann. Wie oft vergessen wir, vergesse ich selbst, dass es besser wäre, miteinander zu reden, zu benennen wovor ich Angst habe und wodurch ich mich bedroht fühle und darauf zu bestehen, dass der andere mich ernst nimmt.“

Es fällt mir im Nachdenken auf, wie leicht es mir fällt, mich zum Richter aufzuspielen, wenn meine Enkel miteinander streiten, wie schnell ich sie frage: „Wer von euch hat angefangen?“ Um dann als Richter den Anfänger zu maßregeln und den anderen in Schutz zu nehmen.

Ich möchte in Zukunft besser darauf achten, zu trösten, wenn einer traurig ist und mit ihnen gemeinsam hinzusehen, was schwierig war, was wütend gemacht hat, was verletzt hat. Ihnen zu helfen Ihre Gefühle zu fühlen und zu benennen, ohne einen von ihnen richtig und den anderen falsch zu machen. Vielleicht gelingt es mir, sie so zu begleiten, dass sie sich nach einem Konflikt wieder in die Augen schauen können. Ich bin überzeugt, dass eine Lösung erst Frieden bringt, wenn beide Seiten gehört und gesehen wurden erst dann kann sich der Groll, den einer oder beide verspüren.

Sie werden dann nicht ohne Konflikte durchs Leben gehen, aber sie werden besser wissen, wie man mit konfliktbehafteten Situationen umgeht.

Ich komme zurück zum Anfang, zum Neubeginn, zur Auferstehung. Es ist nicht leicht daran zu denken und dennoch ist die Hoffnung, dass es einen Neuanfang gibt, für mich von sehr großer Bedeutung. Und ich möchte diese Hoffnung an meine Enkel weitergeben. Die Geschichte der Menschheit ist in diesem Punkt nicht sehr hilfreich, aber die Natur, die im Frühling wiederaufersteht, gibt mir Hoffnung. Es ist mir unendlich wichtig, diesen Blick nicht zu verlieren. Es tut mir gut, die blühenden Bäume zu sehen, zu riechen und das Leben um mich und in mir zu spüren.

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